
Welche Erfahrungen machen die Einkäufer im Mode- und Schuhhandel mit digitalen Tools in der Vororder? Für welche Segmente eignen sie sich und wo besteht noch Optimierungspotenzial? Mit einer Gemeinschaftsstudie gehen die Duale Hochschule Heilbronn (DHBW) und der BTE diesen Fragen nach und werfen auch einen Blick in die Zukunft: Wie wird sich das Orderverhalten in der Branche verändern?
Basis der Studie, die Professor Dr. Oliver Janz mit den Studierenden seines Lehrstuhls für Handel und Fashion Management an der DHBW durchgeführt hat, sind Interviews mit Branchenexperten sowie eine anonyme Befragung von Einkäufern im Schuh- und Modehandel, die Ende des vergangenen Jahres durchgeführt wurde. Die Erfahrungen, die in der aktuellen Orderrunde mit digitalen Ordertools gemacht werden und wurden, sind hier also noch nicht berücksichtigt. Die Beurteilungen beziehen sich deshalb zum größten Teil auf die Orderrunde für die Frühjahr-Sommer-Saison 2021. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Vororder mit Hilfe digitaler Tools angesichts des kurzfristigen Ausfalls der Branchenmessen in erster Linie als Notlösung gesehen: 62 Prozent der Einkäufer gaben an, dass sie ohne die Einschränkungen durch die Corona-Pandemie nicht digital vorgeordert hätten. Insgesamt hatten damals 74 Prozent digital vorgeordert. Davon zeigte sich die Hälfte der Einkäufer zufrieden mit dem Prozess.
Professionelle und lieferantenübergreifende Orderplattformen wie Fashion Cloud, Mobimedia und Joor haben im Sommer 2020 bei der digitalen Vororder der Studie zufolge noch keine große Rolle gespielt. Die gute Resonanz in der Branche auf die von der Fashion Cloud durchgeführte Digital Fashion Week Ende Januar legt allerdings die Vermutung nahe, dass Branchen-Plattformen in der aktuellen Orderrunde deutlich an Bedeutung gewonnen haben.
Fehlende Haptik und schlechte Einschätzbarkeit der Passform werden als größte Nachteile der digitalen Vororder gesehen:

Und Zeitersparnis als größter Vorteil:

Aus Sicht der Einkäufer eignet sich die digitale Vororder aufgrund der von ihnen wahrgenommenen Nachteile eher für Basicware als für Ware mit hohem Modegrad, eher für die Order von bekannten Marken als von neuen Marken und eher für das Fast Fashion und Mainstream-Segment als fürs Premium-Segment.
Eine ähnliche Einschätzung äußerten auch Andreas Weitkamp vom Modehaus Schnitzler und Torge Thede vom Modehaus Ramelow im Buyer’s Talk Menswear im Rahmenprogramm der Digital Fashion Week: Während bei Ramelow in der aktuell laufenden Orderrunde bereits 80 Prozent der Ordertermine im Menswear-Mainstream-Segment zum größten Teil digital ablaufen, ist für das Einkäuferteam von Schnitzler, das in einem anderen Genre unterwegs ist, der Besuch in den Showrooms der Lieferanten noch obligatorisch.
Die größten Vorteile einer digitalen Vororder werden von den befragten Einkäufern in der besseren Ordererfassung und des umfassenden Order-Reportings gesehen:

Auch Zusatzfunktionen der digitalen Ordererfassung wie die Möglichkeit der Nachorder über das gleiche System, die Nutzung der Tools auf mobilen Devices sowie die markenübergreifende Planung der Ordertermine und die vielfältigen Auswertungsfunktionen werden als sehr hilfreich bewertet.
Die Einkäufer gehen deshalb davon aus, dass die Bedeutung digitaler Tools weiter zunimmt. 28 Prozent der befragten Einkäufer aus dem Modehandel erwarten, dass sie in fünf Jahren mindestens die Hälfte der Vororder digital schreiben.
Der Vortrag von Professor Oliver Janz von der DHBW Heilbronn, den er auf der Digital Fashion Week über die Ergebnisse der Studie am Eröffnungstag gehalten hat, ist über die Website www.digital-fashion-week.com noch abrufbar.