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Vernichtung von neuen Textilien und Schuhen die absolute Ausnahme

Im Rahmen der EU-Ökodesign-Verordnung plant die Europäische Union, die Vernichtung nicht verkaufter Textilien und Schuhe zu verbieten. Unterhändler von Europäischem Parlament und Ministerrat haben sich nach einer Mitteilung des Europäischen Rats darauf geeinigt, dass die Regelungen für Großbetriebe zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der neuen Regeln gelten, Für mittelgroße Unternehmen gilt eine Übergangsfrist von sechs Jahren, kleine Unternehmen sollen ausgenommen werden. Details werden noch festgelegt.

 

Angesichts wiederholter Berichte mit schockierenden Bildern von Textil- und Bekleidungsbergen in der chilenischen Acatama-Wüste oder auf afrikanischen Deponien war dieses Verbot zu erwarten. Allerdings wurde von den Medien nicht thematisiert, woher die gezeigten Waren im Detail kommen und ob es sich (auch) um Neuware handelt. Unterschwellig schwang aber immer der Verwurf mit, dass sich auch große Mengen ungebrauchter Textilien in den Müllbergen finden. 

 

Es ist also nachvollziehbar, dass die Politik die Modebranche für die tatsächlich immer schwierigere Entsorgungssituation bei Textilien und Schuhen in die Verantwortung nimmt. Dabei wird allerdings gerne unterschlagen, dass speziell die Neuware nach BTE-Schätzungen nur einen kleinen Bruchteil der entsorgten Ware ausmacht.

 

Belegt wird dies durch eine BTE-Umfrage bei mehr als 200 Mode- und Schuhhändlern aus dem Jahr 2020. Danach ist die Vernichtung von unverkaufter Ware im Textil- und Schuhhandel extrem selten. Von 1.000 angebotenen Artikeln werden lediglich zwei bis drei entsorgt oder recycelt. Und dabei handelt es sich oftmals um beschädigte, verschmutzte oder Ware mit anderweitigen Mängeln, die mitunter gar nicht verkauft werden kann oder sogar darf! Nicht berücksichtigt sind dabei Plagiate, die in der Regel von den Lieferanten vernichtet werden. 

 

Logistisch dürfte die Entsorgung dieser Artikel keine Probleme bereiten. Bei einer Inlandsverfügbarkeit (Produktion plus Import minus Export) von 4,42 Mrd. Bekleidungsteilen in 2022 liegt die Zahl entsorgter Neu-Textilien aus dem Handel lediglich bei rund 4,4 Mio. Teilen pro Jahr. Die Zahl entsorgter Alttextilien dürfte dagegen um ein Vielfaches höher sein und damit für die Müllberge verantwortlich sein.

 

So verstarben in 2020 in Deutschland über eine Million Menschen. Nach BTE-Schätzungen besitzt jeder Verstorbene im Durchschnitt mindestens 100 Bekleidungsteile (inkl. Socken, Wäsche, Sport- und Berufsbekleidung, ohne Schuhe). Allein auf die Sterbefälle dürften damit nach BTE-Schätzungen mindestens 100 Mio. entsorgte Textilien entfallen. Hinzu kommen hunderte Millionen Bekleidungsstücke, die jährlich wegen Beschädigung, Verschleiß oder Passformproblemen aussortiert werden müssen und mangels weiterer Verwendungsoptionen beim Entsorger landen.

 

Fazit: Der Anteil von neuen Textilien und Schuhen an der gesamten Entsorgungsmenge ist äußerst gering und deren Verwertung vielfach sogar geboten bzw. notwendig. Der BTE wird sich in den anstehenden Verhandlungen vor diesem Hintergrund dafür einsetzen, dass dies auch künftig ohne unnötigen bürokratischen Aufwand möglich bleibt.