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Expertentipp: So lassen sich die Energiekosten optimieren

Modehändler und Energieexperte Martin Bretterbauer geht davon aus, dass die Preise für Gas und Strom noch weiter steigen. Er rät zur systematischen Analyse aller Energieverbraucher, um Sparpotenziale aufzudecken sowie zur Optimierung der Beschaffungskosten durch spezielle Vertragsmodelle.

 

Vor seinem Einstieg in den Modehandel war Martin Bretterbauer, der vier Modegeschäfte in Lübben/Spreewald betreibt, über 20 Jahre bis 2019 in der Energiebranche tätig. Den täglichen Blick auf die Entwicklung der Energiepreise an der Leipziger Strombörse EEX hat er beibehalten.

Seine Befürchtung: Der Strompreis wird auf 60 bis 70 Cent pro Kilowattstunde steigen. Im Rahmen des wöchentlichen Webmeetings der Unternehmensberatung Fashionconsult hat er den über 50 teilnehmenden Modehändlern Tipps gegeben, wie sie die Energiekosten optimieren können. 

 

Der erste Schritt, um Sparpotenziale aufzudecken, sei eine systematische Bestandsaufnahme mithilfe einer Excel-Tabelle. Hier sollten möglichst detailliert alle Stromverbraucher bis hin zum einzelnen Leuchtmittel mit ihrer Betriebszeit erfasst und der Stromverbrauch und damit die Kosten pro Tag berechnet werden. Im Rahmen eines Beratungsprojektes konnte Bretterbauer mit dieser Methode den Stromverbrauch eines kleinen Modegeschäftes um über 50 Prozent senken. In seinen eigenen Geschäften werde z.B. die Klimaanlage frühestens um 11 Uhr eingeschaltet. Ein weiterer Tipp: im Dunkeln durchs Geschäft gehen um „Energiefresser“ zu identifizieren wie z.B. leuchtende Displays, Geräte im Standby-Modus, aktiviertes Kunden-WLAN, eingeschaltete EC-Zahlungsterminals.

 

Christoph Berger vom Modeerlebnis Ebbers in Warendorf, der an dem Webmeeting teilgenommen hat, berichtete, dass er mit einem Lumen-Messegerät die Beleuchtungsstärke auf der Verkaufsfläche überprüft und ein Fünftel der Leuchten ausgeschaltet hat. „Es lässt sich meines Erachtens nicht vermeiden, dass relevante Energieeinsparungen zu Lasten des Kundenkomforts bezüglich Helligkeit und Temperatur gehen. Angesichts der weiter steigenden Preise müssen wir aber dringend den Verbrauch pro qm senken.“ Auf dem BTE-Kongress Fashion-Emotion 4.0 (20.9.22 in Köln) gibt Christoph Berger weitere Einblicke in wichtige Maßnahmen, die er ergriffen hat, um sein Unternehmen insgesamt zukunftsfit zu machen. 

 

Da die Energiepreise an der Börse festgesetzt werden, habe das einzelne Unternehmen wenig Möglichkeiten den Beschaffungspreis zu beeinflussen. Einen kleinen Gestaltungsspielraum gäbe es aber durch kreative Vertragsmodalitäten, erklärte Bretterbauer weiter und stellte drei Modelle vor: 

 

1. Take-or-Pay- Modell (Mengenmodell): 

Hierbei wird per Vertrag eine Mindestabnahmemenge zu einem Festpreis festgelegt. Das abnehmende Unternehmen legt das Abnahmevolumen fest und garantiert, dass es 80 Prozent bezahlt, selbst wenn dieses Volumen nicht verbraucht wurde. So wird das Risiko auf beide Partner verteilt. Ein solche Abmachung sei vor allem im Erdgassektor möglich, werde aber von den Energieversorgern nur auf Nachfrage angeboten.

 

2. Tranchenmodell

Dieses Modell ist erst ab Abnahmemengen von über 100.000 Kw/h sinnvoll und setzt voraus, dass das abnehmende Unternehmen die Entwicklung der Strompreise im Blick hat. Es wird ein Rahmenvertrag über ein bestimmtes Volumen geschlossen, das in mehrere Tranchen aufgeteilt wird. Das abnehmende Unternehmen kann dann bestimmen, wann und damit zu welchem Preis die Energie der einzelnen Tranchen eingekauft wird. Aus den einzelnen Preisen ergibt sich dann der jährliche Durchschnittspreis, der im Idealfall unter dem Marktpreis zu dem sonst üblichen Stichtag liegt.

  

3. Energie-Einkaufsgemeinschaft am Standort

Hierbei bündeln mehrere Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen an einem Standort (z.B. Straße, Stadtteil, Quartier) ihren Energiebedarf und handeln mit dem Energieversorger einen Rahmenvertrag mit günstigeren Konditionen aus. Dieses Modell lässt sich z.B. auch von Gewerbevereinen oder sonstigen Standortgemeinschaften umsetzen.