Die aktuelle Welle spektakulärer Insolvenzen im Mode- und Schuhhandel – von Peek & Cloppenburg über Gerry Weber Retail und Reno bis zu Görtz – sorgt für viel Diskussionsstoff in der Branche. Etliche Händler, so der BTE, seien verärgert und fürchten, dass die Entschuldung nicht profitabler Unternehmen per Insolvenz notwendige Marktbereinigungen verhindern.
Zudem werde vermutet, dass sich das eine oder andere Unternehmen vor allem durch ein Verfahren in Eigenverwaltung zum Schaden Dritter sanieren will – und damit auch die Wettbewerbsposition gesunder Mitbewerber auf Kosten der Allgemeinheit beeinträchtigt. Vor allem Mittelständler, die mit ihrem Vermögen für ihr wirtschaftliches Handeln haften, sehen eine Ungleichbehandlung und befürchten, dass Unternehmen mit einem nicht rentablen Geschäftsmodell durch die Entschuldung per Insolvenz künstlich am Leben gehalten werden.
Der BTE kann den Unmut in der Branche gut verstehen, warnt aber vor voreiligen Bewertungen der Insolvenzmeldungen und weist darauf hin, dass es gesetzlich klar geregelt sei, wann eine Insolvenz angemeldet werden muss. Außerdem sei es kaum möglich, kurzfristig und willkürlich eine Insolvenz herbeizuführen, da die Insolvenzverwaltung alle Vorgänge der letzten drei Jahre überprüft.
Nicht vergessen dürfe man überdies, dass gerade Großbetriebe in teuren Frequenzlagen überdurchschnittlich unter den Einschränkungen der Corona-Pandemie gelitten hätten und zu Beginn keine Überbrückungshilfe beantragen durften, sondern auf KfW-Kredite angewiesen waren, die jetzt zur Rückzahlung anstünden. Zum Ende der Pandemie waren die umsatzstarken Ketten zwar ebenfalls antragsberechtigt, wegen der Deckelung der Hilfszahlungen wurde aber oft nur ein Bruchteil der angefallenen Verluste (z.B. hohe City-Mieten) ausgeglichen. Viele Mittelständler hätten dagegen Überbrückungshilfen im zweistelligen Prozentbereich vom Umsatz erhalten.
Angesichts dieser – sachlich nicht nachvollziehbaren – politischen Benachteiligung der Großbetriebe käme die Schieflage mancher Filialisten nicht überraschend. Denn drei Krisenjahre in Folge würden selbst gesunde Unternehmen gefährden. Der BTE sieht einen Großteil der Schuld für die aktuelle Insolvenzwelle von bundesweiten Mode- und Schuhfilialisten bei der Politik, da die „erwiesenermaßen ungerechtfertigten Verkaufsbeschränkungen nicht ausreichend kompensiert wurden und jetzt mit einem Timelag die gesamte Branche treffen.“
Der BTE befürchtet, dass die aktuellen Insolvenzen massiv die Reputation und das Image der gesamten Textil- und Modebranche schädigen. Dies hätte merkliche Auswirkungen auf alle Unternehmen - vom Banken-Rating bis zum Recruiting guter Mitarbeiter und Auszubildender im Wettbewerb mit anderen Wirtschaftszweigen. Problematisch sei zudem, dass für die Branche wichtige Lieferanten durch die Forderungsausfälle selbst in die Insolvenz getrieben werden könnten.