Bedeutung des stationären Textil-, Schuh- und Lederwareneinzelhandels für Innenstädte

Die nachstehenden Erkenntnisse und Daten wurden aus BTE-Kundenbefragungen gewonnen, die im April und Mai 2023 stationär in 15 Städten (jeweils 5 Klein-, Mittel- und Großstädten, 4.388 befragte Personen, jeweils an 2 Wochentagen und 2 Samstagen) stattgefunden haben sowie einer parallelen Online-Befragung mit 856 Personen.

  • Der Textil-, Schuh- und Lederwareneinzelhandel wird in fast allen deutschen Städten als sog. zentren-/innenstadtrelevanter Sortimentsbereich eingestuft. Zentren-/innenstadt-relevante Sortimente zeichnen sich dadurch aus, dass sie die Multifunktionalität und Attraktivität von Innenstädten maßgeblich mitbestimmen. Diese bedeutende Funktion wird ihm auch von der Raumordnung und Bauleitplanung klar zugesprochen.
  • Mehr als jedes dritte Geschäft in den deutschen Innenstädten ist (noch) ein Textil-, Schuh- oder Lederwarengeschäft.
  • Die Textil-, Schuh- und Lederwarengeschäfte nehmen als Gesamtheit eine herausragende Rolle als Frequenzerzeuger und Kundenmagneten für die Innenstädte ein. Sie ziehen in „normalen Zeiten“ täglich mehrere Mio. Besucher und Kunden in die Innenstädte. An manchen Tagen (z. B. in der Vorweihnachtszeit oder bei saisonalen Sonderaktionen) steigen die Zahlen auf mehr als das Doppelte oder sogar das Dreifache an. Für rund 60 Prozent aller Innenstadtbesucher ist der Einkauf von Bekleidung, Schuhen und Lederwaren der Hauptanlass, die Innenstädte überhaupt zu besuchen bzw. aufzusuchen.
  • Rund 61 Prozent der Besucher und Kunden des innerstädtischen Textil-, Schuh- und Lederwareneinzelhandels stammen dabei aus den jeweiligen Städten selbst; somit finden 39 Prozent aus dem Umland der jeweiligen Städte den Weg zum innerstädtischen Modeeinzelhandel. Der Textil-, Schuh- und Lederwareneinzelhandel sichert somit einerseits örtliche Versorgungsstrukturen und stiftet andererseits Zentralität, indem er auf das Umland bzw. die Region der Städte „ausstrahlt“.
  • Der stationäre, innerstädtische Textil-, Schuh- und Lederwareneinzelhandel wirkt dem Trend des “Single-Shoppings“ entgegen. Der Anteil der Verbraucher, die nicht alleine zum Besuch und Einkauf in die Innenstädte kommen, liegt beim Textil-, Schuh- und Lederwareneinzelhandel zumeist deutlich höher als bei anderen innerstädtischen Branchen. Rund 49 Prozent aller Modeeinzelhandelsbesucher und -Kunden kommen zu zweit oder mit mehreren Personen (zumeist mit Freunden) in die Geschäfte; bei anderen Branchen liegt der Anteil nach Kenntnissen des BTE durchschnittlich bei rund 43 Prozent. Somit spielt der Textil-, Schuh- und Lederwareneinzelhandel eine maßgebliche Rolle in Bezug auf gemeinsame „Shopping-Erlebnisse“ in den Innenstädten.
  • 64 Prozent aller Besucher und Kunden des innerstädtischen Textil-, Schuh- und Lederwareneinzelhandel suchen bei ihrem Innenstadtaufenthalt durchschnittlich 2 bis 3 Modegeschäfte auf. An Wochentagen von Montag bis Freitag sind diese Besuche mit anderen Aktivitäten wie Arbeiten und Ausbildung gekoppelt und dienen in erster Linie dem reinen Versorgungseinkauf. An Samstagen und Sonntagen ist das ganz anders: Die Besucher der Modegeschäfte koppeln ihren Aufenthalt in der Innenstadt vornehmlich mit Gastronomie und den Besuch von Kultureinrichtungen oder wollen einfach nur ihre Freizeit verbringen.
  • Eine Mehrheit der Besucher und Kunden des innerstädtischen Textil-, Schuh- und Lederwareneinzelhandels (rund 41 Prozent) benutzen den Pkw zur Fahrt in die jeweilige Innenstadt. Etwa 35 Prozent nutzen den ÖPNV, 9 Prozent kommen zu Fuß und 15 Prozent mit dem Fahrrad.

Wie bewertet der BTE die Ergebnisse?

  • Trotz vieler Appelle, wortgewaltigen „Sonntagsreden“ und ebenso umfangreichen Positionspapieren hat man den Innenstädten als wichtige Einzelhandelsstandorte in den letzten Jahren nicht wirklich die Aufmerksamkeit zugewandt, die sie eigentlich verdient gehabt hätten. Jahrelang hat man - Kommunalpolitiker ebenso wie teilweise die Einzelhändler selber - geglaubt, die Innenstädte sind ein Selbstläufer und die Verbraucher strömen von alleine zum Einkaufen in die zentralen Lagen der Städte. Diese Haltung erweist sich vor dem Hintergrund der Auswirkungen der Coronapandemie als herber Trugschluss.
  • Einerseits ist die Kommunalpolitik aufgefordert, maßgebliche Standortfaktoren der Innenstädte, wie z.B. eine problemlose Erreichbarkeit, die Gewährleistung von Sicherheit und Sauberkeit, eine attraktive bauliche Gestaltung und einen ebenso attraktiven Mix aus kleinen und größeren Geschäften sicherzustellen. Nur wenn die Standort-/Rahmenbedingungen für die Verbraucher attraktiv sind, werden sie sich vom Sofa erheben und zum Einkaufen in die Innenstädte begeben. Des Weiteren muss die kommunale Einzelhandelsplanung endlich wirklich konsequent auf die Innenentwicklung ausgerichtet und Flächenauswüchse an nicht integrierten Standorten, gerade auch im Bereich des Modeeinzelhandels, unterbunden werden. Der stetige und überproportionale Flächenzuwachs im Einzelhandel an nicht integrierten Standortlagen in den letzten Jahren muss nun maßgeblich eingedämmt werden. Darüber hinaus sind vermehrt Fehlentwicklungen in den Bereichen Randsortimente zu beobachten. Im Zuge der Realisierung immer größerer Einzelhandelsprojekte an nicht integrierten Standorten wachsen die Randsortimente, die vielfach auch aus innenstadtrelevanten Modesortimenten bestehen, in Größenordnungen von mehreren tausend Quadratmetern Verkaufsfläche, und bringen für die Innenstädte negative Auswirkungen mit sich. Von den Kommunen verlangt der BTE sinnvolle Maßnahmen zur Stärkung des innerstädtischen Handels. Langfristige Pläne und Visionen zum umfangreichen Innenstadt- bzw. Stadtumbau sind dabei zur allgemeinen Attraktivitätsverbesserung zwar richtig und wichtig, brauchen jedoch längere Zeit zur Umsetzung. Während dieser langwierigen „Umbauphase“ der Innenstädte/Städte müssen einfache und schnell realisierbare Verbesserungsmaßnahmen umgesetzt werden, um den Menschen den Aufenthalt in den Innenstädten wieder angenehmer zu machen. Die Kommunen müssen unbedingt an den „Basics“ arbeiten, hier liegt unserer Auffassung nach doch vielfach Einiges im Argen. Manchmal reicht z.B. das regelmäßige Leeren von Mülleimern sowie die Beseitigung von Müll und Dreck oder das Bereitstellen öffentlicher Bänke und sauberer öffentlicher Toiletten, um eine angenehme Aufenthaltsatmosphäre zu schaffen.
  • Andererseits muss sich der innerstädtische Einzelhandel und speziell auch der Modeeinzelhandel oftmals „an die eigene Nase fassen“ und seine latente Trägheit zur Veränderung überwinden. Neben der Bereitstellung eines adäquaten Warenangebots (hat er seine auf die Kunden zugeschnittene Service- und Dienstleistungen deutlich und nachhaltig zu verbessern. Die innerstädtischen Händler müssen etwas bieten, was für die Konsumenten einen wirklichen Mehrwert hat. Stationäre Geschäfte müssen sich in Orte des Erlebens und Treffens verwandeln, an denen die Besucher individuell angesprochen werden. Das Einkaufen in den Innenstädten muss auch wieder verstärkt in den Fokus gemeinsamer Besorgungen und Freizeitaktivitäten gestellt werden. Dies gilt insbesondere für Familien mit Kindern sowie für Tourismusgruppen.
  • In den letzten Jahren sind die Mieten in den Innenstädten in die Höhe geschossen bzw. getrieben worden; der Modeeinzelhandel war oftmals maßgeblich betroffen. Zeitweise gab es doch keine Limits nach oben. Die Vermieter müssen künftig mit angemessenen Mieten und beispielweise auch der Beteiligung an Standortgemeinschaften einen maßgeblichen Anteil zur Revitalisierung der Innenstädte leisten.
  • Zudem müssen die Regelungen zu Sonntagsöffnungen vereinfacht und gegebenenfalls auch ausgeweitet werden. Hierbei ist es entscheidend, dass die Gewerkschaften ihre derzeitige, desaströse Verhinderungspolitik aufgeben bzw. überdenken.

 

Stand: Mai 2023