Der schwäbische Modehändler hat eine umfassende Digitalstrategie umgesetzt und zeigt, dass Digitalisierung auch und gerade für kleinere mittelständische Unternehmen Effizienzvorteile bietet. Ein wichtiger Meilenstein war die Umstellung auf RFID.
Das Modehaus Wahl ist ein klassischer Multilabel-Händler in der oberschwäbischen Kleinstadt Ertingen. Auf 1.000 qm wird ausschließlich Herrenmode präsentiert. Mittags hat das Geschäft zwei Stunden zu und dienstags macht es gar nicht erst auf. Markus und Brigitte Wahl führen das Familienunternehmen in 3. Generation und zeigen, dass Digitalisierung kein Privileg großer Ketten, sondern ein wichtiges Werkzeug für den Mittelstand ist: bezahlbar, modular und alltagstauglich. „Wir setzen nicht auf kostspielige Sonderlösungen, sondern auf die intelligente Vernetzung mittelständischer Technologiepartner, die unsere Sprache sprechen und die Branche kennen“, beschreibt Markus Wahl einen wichtigen Erfolgsfaktor. Zu diesen Partnern gehören u.a. Remira (Warenwirtschaft), Syspro (RFID), Digimago (Digital Signage), Aivee (Sortiments- und Contentsteuerung), Hellomateo (WhatsApp-Kundendialog) und Warrify (digitaler Kassenbon). „Diese Anwendungen bilden ein Ökosystem, das Beratung, Warenfluss und Kundenkommunikation nahtlos verbindet.“
Die Inventur ist in drei Stunden erledigt
Während viele Modehändler angesichts Personalmangel, steigender Kosten und wachsendem Wettbewerbsdruck nach Orientierung suchen, setzt das Familienunternehmen auf Innovationen und verfolgt diesen Weg konsequent. Ein besonderer Meilenstein war die vollständige RFID-Umstellung im Jahr 2024. Jedes Teil von Hemd bis Jeans wird mit einem RFID-Etikett ausgezeichnet. So ist es digital identifizierbar und damit auch auffindbar. Inventuren, die früher rund 140 Arbeitsstunden erforderten, sind heute in knapp drei Stunden erledigt. „RFID ist für uns kein Zukunftsthema mehr, sondern tägliche Praxis“, sagt Brigitte Wahl. Dank RFID seien viele Prozesse effizienter und schneller, Bestände präziser und Retouren sicherer. Sie hofft, dass sich RFID in der Branche weiter durchsetzt und immer mehr Lieferanten ihre Artikel RFID-getaggt anliefern. Bis jetzt ist dies nur bei knapp zehn Prozent des Wareneingangs der Fall. Brigitte Wahl betont: „Wenn Hersteller RFID ab Werk integrieren, profitieren alle: Handel, Lieferanten und Kunden.“
KI unterstützt bei Kundendialog
Neben RFID spielt der Kundendialog bei Wahl eine entscheidende Rolle. WhatsApp ist längst der wichtigste Kommunikationskanal, unterstützt durch einen KI Chatbot und seit November auch durch einen KI-gestützten Telefonassistenten, der Standardanfragen von Kundinnen und Kunden zuverlässig beantwortet. Jeder Mitarbeitende im Haus arbeitet zudem mit einem kleinen iPad Mini, hat Zugriff auf vollständige Artikelinformationen, Größen, Bilder, Verfügbarkeiten und kann Outfits direkt über digitale Kommunikationskanäle wie WhatsApp mit den Kunden teilen. Die Verbindung zu Warrify sorgt nach Verkauf dafür, dass die Kunden ihren Kassenbon automatisch digital erhalten.
„Unser Beispiel macht deutlich, wie komplexe Aufgaben mit begrenzten personellen Ressourcen bewältigt werden können. Wir möchten ein Signal an die Branche und an die Industrie senden. Innovation entsteht dort, wo alle Beteiligten entlang der gesamten Wertschöpfungskette digital denken: vom Hersteller über das Warenwirtschaftssystem des Handels bis zum Smartphone der Kundinnen und Kunden.“
