Einer aktuellen Umfrage zufolge rechnen Outfithändler für 2023 mit einem Umsatzplus von knapp vier Prozent. Angesichts der gestiegenen Großhandelspreise würde dies einem realen Umsatzminus entsprechen. Sorgen bereiten den Händlern die Insolvenzen großer Player sowie die anstehende ÜBH-Schlussabrechnung und die Rückzahlung der Corona-KfW-Darlehen.
Anfang April hat die Unternehmensberatung Fashionconsult seinen neuen Forecast (Q2) für das Jahr 2023 vorgestellt, der auf den Jahresplanungen ihrer Mandanten basiert sowie auf einer Umfrage im Fachhandel. Teilgenommen hatten 117 Unternehmen aus dem Textil-, Schuh-, Lederwaren- und Sportfachhandel mit einem Umsatzvolumen von zusammen 710 Mio. Euro. Die Befragung fand vom 14. bis 23. März 2023 statt.
Die zentralen Ergebnisse:
- Für das Jahr 2023 rechnen die Teilnehmer mit einem Umsatzplus von 3,9 Prozent gegenüber 2022. Angesichts der gestiegenen Großhandelspreise entspricht dies einem realen Umsatzminus.
- Die prognostizierten Gesamtkosten steigen um 4,5 Prozent. Dabei wird bei den Energiekosten mit einem Plus von 15 Prozent gerechnet, bei den Mieten um 2,5 Prozent und bei den Personalkosten um 4,5 Prozent.
- Der Anteil der Energiekosten steigt auf 3,2 Prozent (2022: 2,8 Prozent) und der Anteil der Personalkosten auf 25,2 Prozent vom Umsatz (Hinweis: Die teilnehmenden Unternehmen waren zum größten Teil GmbHs mit entsprechend angesetzten Geschäftsführer-Gehältern).
- Der Ertrag aus gewerblicher Tätigkeit (ohne Skonto, Zinsen sowie außerordentlicher Aufwand und Ertrag) wird für 2023 auf -1,8 Prozent geschätzt.
Weitere Erkenntnisse und Einschätzungen:
Stimmungslage: 46 Prozent der befragten Unternehmen schätzen die aktuelle Situation als bedrohlich ein. Gegenüber Januar 2023 hat sich die Stimmung aufgrund der Insolvenzen bekannter Player sowie der anhaltenden Inflation und des Fachkräftemangels eigetrübt. Zudem lassen die einsetzende Tilgung von Corona-KfW-Darlehen sowie die Schlussabrechnungen der Überbrückungshilfe wieder Zweifel aufkommen.
Der Mietmarkt dreht: Steigende Zinsen und hohe Flächenverfügbarkeit durch Insolvenzen sowie Geschäftsaufgaben werden voraussichtlich zu fallenden Mieten im Innenstadtbereich führen. Umso wichtiger sei es für die Eigentümer der Immobilie, so die Empfehlung von Fashionconsult, Alternativen zur Werterhaltung zu finden.
Der Umsatz wächst – die Kosten steigen stärker: Dies führe zum Abschmelzen der ohnehin schwachen Erträge. Es sei wichtig „jeden Stein umzudrehen“, um frühzeitig Einsparpotenziale und Optimierungsmöglichkeiten zu erkennen, so die Empfehlung von Leo Faltmann, Geschäftsführer Fashionconsult. Ein Hebel sei dabei die Begrenzung von Preisänderungen und der Verzicht auf Rabattaktionen.
Geplante Investitionen: 57 Prozent der befragten Händler werden dieses Jahr in ihren Standort investieren. Dazu gehören z.B. Pier 14 auf Usedom (Neueröffnung und Facelifting), Bredl in Ravensburg (neue Kaffee-Lounge), Frey in Cham (Erweiterung Menswear-Abteilung, Neugestaltung Accessoires-Abteilung), Cohausz in Borken (neue Videoüberwachung).
Liquidität schmilzt – kurzfristiger Kapitalbedarf steigt: In der aktuellen Befragung gaben 41 Prozent an, dass sie eine Erhöhung der Kontokorrentlinie planen. Bei den letzten beiden Befragungen waren es 34 Prozent (Q1 2023) und 13 Prozent (Q4 2022).
Wer mit seiner Linie nicht mehr auskommt – so die Erfahrung von Fashionconsult – stoße bei der Kreditnachfrage aktuell auf hohe regulatorische Anforderungen und eine gehörige Portion Skepsis aufgrund der Branchenzugehörigkeit. Hinzu kämen teilweise gestiegene Verbindlichkeiten aufgrund der KfW-Darlehen. Die stark zunehmende Anzahl an Insolvenzen verstärke zudem den negativen Blick der Banken auf den Handel. Die Experten von Fashionconsult weisen darauf hin, wie wichtig eine integrierte Finanzplanung inklusive kurzfristiger Liquiditätsplanung ist. Ohne diese werde kein Gläubiger mehr bereit sein, frisches Geld zur Verfügung zu stellen.
Marketing-Mix: In der aktuellen Frühjahr-Sommer-Saison setzen die befragten Modehändler v.a. auf Social Media (90 Prozent), Direktmarketing (83 Prozent) und Eventmarketing (56 Prozent). 42 Prozent schalten Zeitungsanzeigen und 28 Prozent der Umfrageteilnehmer haben eine eigene App.