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Statement von BTE-Präsident Mark Rauschen zur aktuellen Situation

Am 17. Dezember hat sich BTE-Präsident Mark Rauschen mit folgendem Statement zur aktuellen Lage an die Textil-, Schuh- und Lederwarenbranche gewandt:  

 

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,  

 

vor genau einem Jahr habe ich an dieser Stelle mit vorsichtigem Optimismus auf das nachfolgende Jahr 2025 geschaut. 12 Monate später ist fast überall Ernüchterung eingekehrt. Von den vollmundigen Versprechungen ist fast nichts geblieben. Statt Aufschwung herrscht vor allem Tristesse. Berichte über Umsatzeinbrüche, Massenentlassungen und Insolvenzen dominieren die Medien. Speziell in der Mode- und Schuhbranche vergeht fast keine Woche ohne Geschäftsaufgabe.  

 

Natürlich kann man die Bundespolitik nur bedingt für schwierige Rahmenbedingungen wie die US-Zollpolitik, die Auswirkungen des anhaltenden Kriegs in der Ukraine sowie die negative demographische Entwicklung verantwortlich machen. Umso wichtiger ist es aber, im Inland endlich wieder für Aufbruchstimmung zu sorgen und die Wirtschaft von unnötigen Fesseln zu befreien. Zumindest die EU, die in den letzten Jahren für manche bürokratische Zusatzbelastung verantwortlich war, hat dies endlich erkannt und übertriebene Vorgaben und Berichtspflichten rund um Lieferketten, Nachhaltigkeit und Entwaldung zurückgedreht oder dies zumindest auf den Weg gebracht. Hier haben wir im Zusammenspiel mit dem HDE und Eurocommerce sichtbare Erfolge der Verbandsarbeit erzielt.  

 

Solchen Mut wünschen wir uns auch von der deutschen Politik. Nicht nur der Textil-, Schuh- und Lederwarenhandel braucht mehr Freiheiten, um im zunehmenden Wettbewerb mit globalen Playern überhaupt bestehen zu können. Es ist doch absurd, dass bei uns absolute Nebensächlichkeiten bei der Gebäudesicherheit oder bei der Beantragung von Weihnachtsmärkten geprüft werden, während gleichzeitig millionenfach minderwertige und zum Teil gesundheitsschädigende Textilien, Schuhe und Accessoires unkontrolliert über asiatische Plattformen ins Land kommen!  

 

Mehr Freiraum wünsche ich mir auch rund um den Ladenschluss. Speziell bei der Sonntagsöffnung sind die bestehenden Regelungen viel zu restriktiv und führen dazu, dass Kunden und Umsätze in den Onlinehandel oder ins benachbarte Ausland abwandern. In guten Zeiten konnten wir das noch halbwegs verkraften. Aber in schwierigen Zeiten wie diesen kann dies ein entscheidender Faktor sein, ob ein Unternehmen überhaupt noch in den schwarzen Zahlen landet. Und den Arbeitnehmervertretern kann ich versichern, dass Lockerungen bei der Sonntagsöffnung nicht dazu dienen, dass sich Unternehmer eine „goldene Nase“ verdienen, sondern das Überleben der Geschäfte und damit auch die Arbeitsplätze der Mitarbeiter zu sichern!  

 

Auch dem viel diskutierten „Stadtbild“ dürften leichtere Sonntagsöffnungen sicher guttun. Leerstände wegen Geschäftsaufgabe führen schnell zu einer Abwärtsspirale, die den ganzen Standort massiv unter Druck setzt. Attraktive Läden sind dagegen das beste Mittel, um konsumwillige Menschen in die Stadt zu ziehen. Dies müssen wir auch den örtlichen Entscheidungsträgern immer wieder vor Augen halten und Stadtspitzen, Polizei und Ordnungsamt in Hintergrundgesprächen noch mehr dafür sensibilisieren, dass wirksame Maßnahmen ergriffen werden, um Sicherheit und Sauberkeit in den Innenstädten zu erhöhen.  

 

Bei der Verbesserung der Aufenthaltsqualität in unseren Cities sehe ich alle Innenstadt-Stakeholder in der Verantwortung. Beim Stadtmarketing, in Straßenwerbegemeinschaften oder im Gemeinderat müssen sich nicht nur die örtlichen Mittelständler engagieren, sondern möglichst alle Anlieger – von den Filialisten über Gastronomie und Dienstleistern bis zu den Immobilienbesitzern. Alle Betroffenen sind aufgerufen, Zeit und Budget bereitzustellen, damit wir in Deutschland weiterhin lebens- und liebenswerte Innenstädte haben!  

 

Wir müssen aber auch erkennen, dass wir innerhalb der eigenen Branche noch längst nicht alle Hausaufgaben gemacht haben. Speziell das aktuelle Geschäftsmodell des Multilabelhandels scheint nicht mehr zeitgemäß zu sein. Hachmeister + Partner hat beim letzten BTE-Kongress eindrucksvoll belegt, dass mit den tradierten Prozessen keine ausreichende Rendite mehr zu erwirtschaften ist. Angesichts des für 2025 zu erwartenden Umsatzrückgangs ist sogar damit zu rechnen, dass viele Textil-, Schuh- und Outfithändler in den roten Zahlen landen werden.  

 

In einer solchen Situation muss alles auf den Prüfstand. Angesichts der unsicheren Aussichten für 2026 und der volatilen Konsumstimmung brauchen wir neue Wege, um mit gleichem oder sogar niedrigerem Umsatz mehr Rendite zu erzielen. Ein entscheidender Hebel ist und bleibt das Warenmanagement, in dem noch viel Potential steckt. Hier gibt es schon gute Beispiele, aber leider mangelt es oft noch am gegenseitigen Vertrauen. Die Vertikalen zeigen uns, was mit einer optimierten Zusammenarbeit von Handel und Industrie möglich ist.  

 

Natürlich werden wir an der einen oder anderen Stelle auch den Gürtel enger schnallen müssen. Bei den notwendigen Einsparungen könnten uns sicher auch intelligente KI-Lösungen helfen. Ich rate allen Unternehmen, sich auf diesem Gebiet auf dem Laufenden zu halten und dabei gerne auch die Informationsangebote des BTE zu nutzen.  

 

Im Kontakt mit den Kunden werden nach meiner festen Überzeugung auch 2026 die Mitarbeitenden auf der Fläche die zentrale Rolle spielen. Gerade im mittelständischen Fachhandel sind sie - neben Chefinnen und Chefs - als emotionale und fachkundige Botschafter des Unternehmens das größte Profilierungsinstrument gegenüber Großfilialisten und Onlinern. Gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben in unserer Branche enorme Auswirkungen auf den Erfolg eines jeden Unternehmens und das wird sich so schnell auch nicht ändern.  

 

Bei aller anstehenden Herausforderungen wünsche ich Ihnen, Ihrer Familie und Ihren Mitarbeitenden im Namen des BTE schöne Festtage. Kommen Sie gut und gesund in das hoffentlich erfolgreiche Jahr 2026!  

 

Ihr Mark Rauschen