
Die noch vielerorts offenen ÜBH-Schlussabrechnungen sorgen für Unsicherheit und Verärgerung bei den Handelsunternehmen. In einem gut besuchten BTE-Webinar gab Alexander Kipp von der Unternehmensberatung Fashionconsult Tipps für den Umgang mit kritischen Rückfragen der Prüfbehörden.
Wie ist der aktuelle Bearbeitungsstand bei den Schlussabrechnungen der Überbrückungshilfen? Zu welchen Themen gibt es Rückfragen der Behörden? Und welche Möglichkeiten haben die Händler gegen Rückzahlungsbescheide vorzugehen? Mit diesen Themen beschäftigte sich ein Webinar des BTE, in dem Alexander Kipp von der Unternehmensberatung Fashionconsult einen Überblick gab und Rede und Antwort stand.
Laut der Recherche von Fashionconsult sind bundesweit bisher etwa zwei Drittel aller Schlussabrechnungen (SAR) im Rahmen des ersten Paketes (ÜBH I,II,III und Nov.-Dez-Hilfe) und etwa die Hälfte der Schlussabrechnungen (SAR) im Rahmen des zweiten Paketes (ÜBH III Plus und IV) beschieden. Dabei gibt es zwischen den Bundesländern erhebliche Unterschiede.
Diese Zahlen sind aus Bayern bekannt:
SAR-Paket 1 (ÜBH I,II,III und Nov.-Dez-Hilfe):
Erledigungsquote: 78 Prozent
Bewilligungen wie beantragt: 91,3 Prozent
Erfolgsquote bei Klagen: 1,4 Prozent
SAR-Paket 2 (ÜBH IIIplus und IV):
Erledigungsquote: 48 Prozent
Bewilligungen wie beantragt: 93,3 Prozent
Erfolgs bei Klagen: 0,6 Prozent
Die gute Nachricht: Laut der bisherigen Erfahrungen, so Alexander Kipp, wurde die Warenwertabschreibung, die den größten Anteil der beantragten Hilfen ausmacht, fast immer akzeptiert und nicht näher beleuchtet.
Die meisten Rückfragen gab es zu diesen drei kritischen Themen:
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Prüfung, ob ein Unternehmensverbund vorliegt
Generell gelten enge familiäre Beziehungen (Ehepartner, Kinder, Eltern, Geschwister) grundsätzlich als Hinweis auf gemeinsames Handeln. Unternehmen, die im Erstantrag nicht als Teil eines Verbunds geltend gemacht wurden, können/müssen im Rahmen der Schlussabrechnung berücksichtigt werden. Alexander Kipp: „Hierbei dürfen allerdings laut Leitfaden Umsatzdaten, nicht aber Fixkosten dieser nachträglich einbezogenen Gesellschaften angesetzt werden.“
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Ablehnung nachträglich hinzugefügter Fixkostenpositionen
Sind Fixkostenpositionen im Erstantrag überhaupt nicht angegeben worden, oder weicht die beantragte Summe stark von den (Schätz-)Werten im Erst- oder Korrekturantrag ab, können diese in der SAR abgelehnt werden. In der Verwaltungspraxis der Prüfstellen werden ‚neue Kostenblöcke‘ oft als unzulässige Änderung des Fördertatbestands gewertet.
Tipp von Alexander Kipp: „Eine konkrete und schlüssige Begründung, warum die Kosten im ursprünglichen Antrag nicht angesetzt waren, führt häufig zur Anerkennung.“
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Corona-Bedingtheit der Umsatzrückgänge
In der Akzeptanz der Corona-Bedingtheit sieht Kipp ein großes Risiko. Insbesondere bei der Schlussabrechnung des zweiten Paketes wurde dies bei einigen Unternehmen nicht akzeptiert, da es in dieser Zeit keine behördlichen Schließungen, sondern nur Einschränkungen gab. Die Beträge mussten zurückgezahlt werden.
Tipp von Alexander Kipp: „Keine Aspekte anführen, die missverstanden werden könnten. Aus Sicht vieler Händler sind Lieferketten-Probleme und damit fehlende Ware auf der Fläche coronabedingt. Prüfstellen sehen dies allerdings oft anders.“
Kritisch hinterfragt wird auch, ob die Hinzunahme von Online-Plattformen als neue Betriebsstätte definiert werden kann und damit eine strukturelle Änderung war. In vielen Fällen wurde dies in der Schlussabrechnung jetzt abgelehnt, obwohl es in der Antragsphase noch akzeptiert wurde. Diese Frage hat Auswirkungen auf die Höhe des Umsatzrückgangs zum Vergleichszeitraum und damit auf die Förderhöhe.
Widerspruch oder Klage sinnvoll?
Der Vorteil bei einem Widerspruchsverfahren sei, dass man häufig den Sachverhalt noch einmal darlegen oder neu vortragen kann, so Kipp. Bei einer Klage ist dies nicht möglich. Hier prüfe das Gericht „nur“, ob der Erlass gegen geltendes Recht verstößt. Ein Widerspruchsverfahren bezgl. ÜBH sei aber nur in wenigen Bundesländern möglich: BW, Brandenburg, Bremen, RP, Saarland, Sachsen, Schleswig-Holstein, Niedersachen.
Alexander Kipp wies daraufhin, dass ein Widerspruch oder eine Klage immer von einem Fachanwalt begleitet werden sollte. Die bisher vorliegenden Zahlen aus Bayern würden allerdings zeigen, dass die Erfolgsaussicht einer Klage gering ist: Hier lag die Erfolgsquote bei 0,6 Prozent.